Designing User Needs – Vom Erfordernis zu wissen, was zu tun ist

26. August 2015

Der Umgang mit anderen Menschen ist oft nicht einfach. Wie der Volksmund sagt, ist Kommunikation allzu oft Glücksache, denn was man sagen möchte verständlich auszudrücken oder andersherum die durch Worte, Mimik und Gestik transportierte Botschaft das Gegenübers im richtigen Sinne zu interpretieren, ist nicht selten eine Herausforderung. Dennoch sind wir als Menschen mit Menschen sozialisiert und man kann ja auch „mal nachhaken“ oder die eigene Botschaft dann einfach in anderen Worten rüberbringen.

Wie ist das aber im Dialog mit Maschinen? Im heutigen Zeitalter kommuniziert der eine oder andere unter uns sogar häufiger mit Maschinen als mit Menschen. Wir verbringen Zeit am Computer, mit dem Smartphone, wir bezahlen beim EC-Kartenleser und geben unser Plastikleergut beim Leergutautomaten ab. Wir kaufen Fahrscheine im Dialog mit dem entsprechenden Automaten und bei unseren Autofahrten lassen wir uns von Maschinen den Weg weisen.

Wir sprechen mit ihnen, wir tippen, klicken, wischen, spreizen die Finger und in der Ära von Google Glass nicken wir vielleicht sogar einfach nur mit den Köpfen und rollen die Augen. Im Gegenzug vibrieren, summen oder piepen die Maschinen, spucken Fahrkarten und Leergutbons, geben uns Informationen oder fordern uns zu weiteren Handlungen auf.
Die Maschinen erwarten unsere Botschaft, unsere Wünsche in Form von sogenannten „Eingaben“ und das was wir von ihnen erhalten, lässt sich neutral als „Ausgabe“ bezeichnen. Eingabe und Ausgabe und dann wiederrum Eingabe und Ausgabe – und immer so weiter – ergeben in Summe den sogenannten „Mensch-Maschine-Dialog“.

Die durch den Nutzer empfundene Güte des Mensch-Maschine-Dialogs wird maßgeblich durch die Usability der Maschine beeinflusst. Zum einen muss der Dialogablauf zum mentalen Modell und der Aufgabe des Nutzers – aus Nutzersicht – passen. Zum anderen müssen die dargestellten Informationen eindeutige Handlungsaufforderungen (Affordances) für den Nutzer darstellen. Hier sind nicht nur Texter, sondern insbesondere auch Grafikdesigner gefragt, die informatorischen Erfordernisse eines Menschen visuell eindeutig zu befriedigen. Design bedeutet im digitalen Zeitalter nicht allein etwas ästhetisch zu gestalten, sondern dem Nutzer Botschaften zu überbringen, ihm seine Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit der Maschine zu veranschaulichen. Und auch hier gilt: Ein digitaler Designer kann nicht nicht mit dem User kommunizieren.

Das A und O guten visuellen Designs digitaler Medien liegt in der Befriedigung der informatorischen Erfordernisse des Nutzers („User Needs“). Diese sind 1:1 durch den Kontext in dem sich der Benutzer findet geprägt. Ein Erfordernis am EC-Kartenleser an der Supermarktkasse ist sicherlich, dass der Bezahlende ohne mentalen Aufwand wissen muss, wie er seine EC-Karte in den Kartenleser eingeben soll, um sich bei einer langen Warteschlange im Rücken nicht in Sozialstress durch Fehleingaben zu begeben.

Die Herausforderung, eine visuell unmittelbar eindeutige Handlungsaufforderung für diese Situation zu schaffen, wurde bisher nicht gemeistert. Fast jeder Dritte scheint an der Kasse Schwierigkeiten zu haben, fast jeder Kassierer kommentiert das Einführen der Karte handlungsleitend, damit es eben nicht zu Fehleingaben und Sozialstress kommt. Wurde die visuelle Darstellung dieser Eingabeaufforderung etwa nur kontextfrei an Schreibtischen evaluiert, wo die Betrachter in Ruhe das Bildchen interpretieren konnten? Oder ist diese gestalterische Aufgabe schlichtweg nicht zu bewältigen? Letzteres fällt schwer zu glauben, ersteres wäre leider der Standardfall und die Standardursache für schlechte Usability: Fehlende Kenntnisse über die Erfordernisse des Kontextes und eine nicht valides Testszenario. Sicherlich hätte das aktuelle Supermarkt EC-Karten-Design hohe Usability im Rahmen monotoner Überwachungsaufgaben, bei denen es gilt, Menschen am Einschlafen zu hindern. Nachtwächter jede Stunde nach zeitgenössischer Bildanleitung eine EC-Karte in eine Maschine stecken zu lassen, wäre eine effektive und effiziente Maßnahme. Grübeln hält wenigstens wach.

Abschließend ist zu sagen, dass das visuelles Design interaktiver Medien immer auf Erfordernissen aus einem sorgfältig analysierten Nutzungskontext fußen sollte und dass die Überprüfung, ob die Design-Botschaft beim Nutzer auch wirklich ankommt, ebenso nur mit echten Nutzern in Realweltsituationen erfolgen darf. Findet visuelles Design in diesem Rahmen statt, ist dessen Usability garantiert.

Nicht der Fortschritt der Technik wird uns als Nutzer dabei helfen intuitiv mit Maschinen zu kommunizieren, sondern eine Designparadigma, das auf methodisch identifizierten und evaluierten Erfordernissen der jeweiligen Nutzungskontexte beruht.

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