User-Centred Design in Unternehmen

12. Mai 2005

Die Einführung von benutzerorientierten Entwicklungsprozessen wird in den letzten Jahren auch für große Unternehmen immer wichtiger. In dem Artikel „User-Centred Design in the Enterprise“ zeigt Aaron Marcus wie große Unternehmen versuchen, den Ansatz des User-Centred Design (UCD) innerhalb ihres Unternehmens zu etablieren und welche Probleme dabei auftreten.

Wettbewerbsfähigkeit und „User Centred Design“ (UCD)

Einige Unternehmen haben mittlerweile erkannt, dass die frühzeitige Einbeziehung des Benutzers in die Produktentwicklung einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen kann.Deswegen bemühen sich diese Unternehmen seit den letzten Jahren verstärkt, unternehmensweite Expertisezentren für benutzer-orientierte Gestaltung aufzubauen. Das Ziel dieser so genannten „User-Interface Design Centres of Excellence“ (UIDC) ist es, den Ansatz einer benutzer-orientierten Gestaltung von Soft- und Hardware verstärkt im Unternehmen zu verbreiten und in die internen Entwicklungsprozesse zu integrieren. Dennoch gibt es weiterhin viele Unternehmen, in denen der UCD-Ansatz relativ unbekannt ist.

Drei Unternehmen – Drei Ansätze

In dem Artikel werden – ohne Nennen von Namen – drei Unternehmen beschrieben, die auf unterschiedliche Weise versuchen UCD in ihrem Unternehmen zu verwirklichen.

Aufbau von internen „User-interface design centres of excellence“

Ein großes Unternehmen machte den Versuch UCD zu etablieren, indem eine interne „User-interface design centre of excellence“ (UIDC) -Gruppe aufgebaut wurde. Ein UIDC kann bei der Entwicklung und Verbreitung von „best-practices“ Lösungen Unterstützung bieten. Zusätzlich kann es dazu beitragen, dass diese Prinzipien der „best practices“ befolgt werden. Ferner können auf diesem Weg Informationsquellen und Werkzeuge sowie Experten bekannt gemacht werden, über die nicht alle Mitarbeiter informiert sind.

Für die Einführung des UIDC wurden Tutorien zu UCD organisiert und ein Archiv mit „best-practice“-Dokumenten aufgebaut. Ein wichtiges Ziel war, UIDC-„best practices“ direkt mit den Software-Entwicklungsmethoden zu verbinden. Für die Verbreitung des Ansatzes im Unternehmen wurde eine interne Website erstellt. Es bedurfte mehrerer Monate bis die Site online war. Die Website an sich war gut, aber der Aufwand um Inhalte zu erarbeiten und die Usability und Ästhetik sicherzustellen war größer als gedacht.

Während die Bestrebungen anfangs gut angenommen wurden, kamen die Aktivitäten nach wenigen Monaten fast zum Stillstand. Dies war auf den großen Zeitaufwand zurückzuführen, der für die UIDC-Aktivitäten veranschlagt werden musste. Zusätzlich war für die UIDC-Aktivitäten kein offizielles Budget veranschlagt worden, über welches die Aktivitäten abgerechnet werden konnten. Das Management glaubte, solche Aktivitäten könnten als ein informeller, unbezahlter und freiwilliger Aufwand von ausgewählten Mitarbeitern überleben. Diese Vorstellung hat sich in Zeiten überarbeiteter und unterbesetzter Teams jedoch als unrealistisch herausgestellt. Für solche Aktivitäten muss demnach ein spezielles Budget bereitgestellt, Verantwortliche benannt und ausreichend Zeit zur Verfügung gestellt werden.

Nutzung von Wissen existierender Expertengruppen

Ein anderes großes Unternehmen nutzt bereits existierende Expertengruppen („Human Factors Groups“), um den UCD-Ansatz im Unternehmen zu fördern. Diese Gruppen beschäftigt sich mit „User Centred Design“ im engeren oder weiteren Sinne. Allerdings sind die Schwerpunkte und verwendeten Begriffe je nach Mitglied der Gruppe anders gesetzt und definiert. Deshalb vertreten die Experten zum Teil verschiedene Sichtweisen auf das „User Centred Design“, die sich in unterschiedlichen Ansichten hinsichtlich der Prioritäten kognitiver, psychologischer, ästhetischer und anderen Designkriterien widerspiegeln. Deswegen kann von keinem einheitlichen Verständnis ausgegangen werden, was jedoch für eine konsequente Umsetzung eines UCD unentbehrlich ist.

Erstellen eines gemeinsamen Glossars

Eine andere Art von Problemen kam bei dem dritten großen Unternehmen zum Tragen. UIDC-Experten sind sowohl Evaluatoren wie auch Designer. Es gibt jedoch signifikante Unterschiede unter den Experten in der Nutzung von Begriffen wie beispielsweise „Design“ und „Forschung“. Experten, die von der akademisch-analytischen Disziplin kommen, beschäftigen sich eher mit quantitativen Untersuchungen (wie kognitive Psychologie und Verhaltensstudien), während Experten aus den praktischen Designdisziplinen qualitative Untersuchungen bevorzugen. Konflikte, die durch diese kulturellen Unterschiede auftreten, vermindern die Effektivität von UIDC als Quelle von Expertise.

Das Unternehmen löste das Problem des unterschiedlichen Sprachgebrauchs durch das Erstellen ein gemeinsames Glossars. Mit Hilfe dieses Glossars war es möglich, Konzepte und Prozesse neu zu definieren, notwendige Fähigkeiten für jeden Teilschritt des Entwicklungsprozesses festzulegen, existierende Dokumente zu prüfen und neue Dokumente, die für ein „best practice“- Archiv genutzt werden konnten, zu erstellen.

Ausblick

Es gibt viele Anzeichen dafür, dass der UCD-Ansatz immer stärkere Verbreitung findet. Glücklicherweise geht die Anzahl von Produkten zurück, die ohne Einbeziehung des Benutzers auf den Markt gebracht werden und dadurch nicht optimal an die Bedürfnisse des Benutzers angepasst sind. Das lässt darauf hoffen, dass sich Unternehmen in der Zukunft verstärkt darum bemühen, Entwicklungsansätze zu wählen, die eine frühzeitige Einbindung des Benutzers vorsehen. Nur so kann man zum Idealziel einer optimalen Gestaltung der Benutzerschnittstelle kommen – und sich ganz nebenbei einen Wettbewerbsvorteil sichern.

Originaltitel: User-Centred Design in the Enterprise
Autor(en): Aaron Marcus
Journal: interactions
Ausgabe: 12(1)
Seiten: 18 – 23
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