(Zusammenfassung der Kolumne von Jakob Nielsen)
Personen, die schon einmal bei Benutzungstests dabei waren, wissen, dass es enorme Unterschiede zwischen einzelnen Benutzern in der Geschwindigkeit der Aufgabenbearbeitung gibt. Die schnellsten Benutzer erledigen eine Aufgabe meistens um ein Vielfaches schneller als die langsamsten Benutzer. Jakob Nielsen quantifiziert diese interindividuelle Variabilität an Hand eines Beispieldatensatzes aus einer seiner eigenen Eyetracking-Studie.
Schwierigkeit der Internetnutzung
In Anlehnung an Dennis Egan und eigene Untersuchungen unterscheidet Nielsen verschiedene Typen von Interaktionen in der Computernutzung: Textbearbeitung, Personal Computing, Informationssuche, Benutzung von Webseiten und Programmieren.
Als Kennwert für die Variabilität der Benutzungsgeschwindigkeiten dient der Quotient aus dem obersten und dem untersten Quartil. Die größten Unterschiede zwischen langsamen und schnellen Benutzern zeigen sich beim Programmieren mit einem Wert von 3,0. Die geringsten Unterschiede zwischen Benutzern treten bei der Textbearbeitung mit 1,8 auf. Je schwieriger eine Aufgabe ist, desto größer sind die interindividuellen Unterschiede bei den Benutzern.
Die Benutzung von Webseiten weist eine Variabilität in der Benutzerperformanz von 2,4 auf. Die langsamsten 25 Prozent der Benutzer von Webseiten benötigen 2,4 Mal so viel Zeit wie die schnellsten 25 Prozent der Benutzer, um eine Aufgabe auszuführen. Die Benutzung des Internets weist damit die zweithöchste Variabilität der fünf Benutzungstypen auf.
Usability für alle Internetnutzer
Die Geschwindigkeit der schnellsten Benutzer zeigt, dass eine bestimmte Aufgabe prinzipiell in einer gewissen Zeit lösbar ist. Jedes langsamere Ergebnis von Benutzern hat laut Nielsen mit Problemen der Usability zu tun. Denn bei einer perfekten Benutzeroberfläche sollten Benutzer zu keinem Zeitpunkt Zweifel haben, was gerade zu tun ist. In diesem Fall würden alle Benutzer für die Erledigung einer Aufgabe etwa gleich lange brauchen.
Beim Programmieren – welches die höchste Variabilität aufweist – stellen die interindividuellen Unterschiede kein grundsätzliches Problem der Usability dar. Ein Unternehmen wird eben nur die besten Programmierer einstellen, da sie eine Aufgabe in der kürzesten Zeit bearbeiten.
Anders ist dies bei Benutzern des Internets: Bei Webseiten kann man sich den Luxus nicht leisten, nur die „besten Benutzer“ zu selektieren. Die Gestaltung von Webseiten muss auf alle Benutzer ausgerichtet werden, die eine Webseite besuchen und benutzen. Intranets, Verwaltungs- oder öffentliche Webseiten und kommerzielle Webseiten richten sich an alle möglichen Personen und nicht nur an eine Elite von Internetnutzern. Deshalb ist es von größter Wichtigkeit, die Usability dieser Webseiten zu verbessern und damit die Variabilität in der Benutzerleistung zu reduzieren.
Quelle: J. Nielsen’s Alertbox