Interface-Lifting: „Schöner“, aber „blöder“ – muss das sein? Ein Blick auf die Usability der neuen „Xing“-Gruppenverwaltung.

10. Oktober 2014

Fast jeder Produktanbieter unterzieht in regelmäßigen Abständen sein Produkt einer Überarbeitung. Insbesondere im Web-Bereich erfolgen dabei oft „Interface-Liftings“, die neue Technologien in das vorhandene Produkt einbringen. Das Produkt wird dabei meistens grafisch aufgewertet. Dabei kommt aber leider oft vor, dass sich Usability-Mängel einschleichen, die in der vorherigen Version des Produkts nicht vorhanden waren. Das „neue“ Produkt ist damit zwar „schöner“ aber weniger gebrauchstauglich.

Ein Beispiel für diesen Sachverhalt liefert aktuell das Social-Media-Portal „Xing“ im Bereich der Gruppenverwaltung. Auf „Xing“ sind unzählige Gruppen zu unterschiedlichsten Themen eingerichtet worden, in denen sich gleichgesinnte Nutzer über diese Themen austauschen können.

Um den Überblick über die Gruppenmitglieder zu behalten, können Administratoren die Personen mit Schlagworten in sogenannte „Kategorien“ einteilen. In einer Gruppe über Haustierhaltung könnte dies zum Beispiel die Art des durch das Gruppenmitglied gehaltene Haustier sein: Katze, Hund, Hamster usw. Die Kategorisierung ermöglicht es dann (z.B. den Gruppen-Administrator) eine spezielle Mitglieder-Gruppe anhand einer dieser Kategorien zu identifizieren und diesen per Newsletter spezielle Informationen (z.B. über Hundefutter) zukommen zu lassen, die für die übrigen Mitglieder wahrscheinlich uninteressant sind.

Früher war es möglich, diese Schlagworte in einem Eingabefeld „Kategorie“ einzugeben. Bei der Eingabe wurden dabei die bereits eingegebenen Kategorien angezeigt, so dass der Nutzer die passende auswählen konnte. Heute befindet sich an derselben Stelle in der Mitgliedsinformation ein abgerundeter Button, der sich durch anklicken in ein Eingabefeld verwandelt. Nach dem Eintragen eines Begriffs wird dieser weiterhin in diesem Feld angezeigt, das nun mit einem mit einem „x“ beschrifteten Button ergänzt ist. Nach der Eingabe eines Begriffs erscheint eine weitere „Button-Eingabefeld-Kombination“, in das ebenfalls wieder ein Begriff eingetragen werden kann.

Abbildung 1: Button-Eingabefeld-Kombination
Abbildung 1: Button-Eingabefeld-Kombination

Diese – nicht nur optisch – geänderte Funktion hat gegenĂĽber der älteren Version den Vorteil, dass sich eingegebene Begriffe nun einfacher – durch drĂĽcken des „x“-Buttons – entfernen lassen. Eine Verbesserung im Sinne der Aufgabenangemessenheit, denn vorher musste der Nutzer den Begriff löschen wie er es z.B. aus einer Textverarbeitung gewohnt war.

Leider haben sich aber auch Usability-Probleme eingeschlichen:

Eines dieser Probleme ist, dass dem Nutzer nicht unmittelbar ersichtlich wird, wozu die „Button-Eingabe-Feldkombination“ dient, weil eine entsprechende Beschriftung fehlt. Er muss also zunächst etwas eingeben, um dann ggf. zu erkennen, dass sich der Bereich „Kategorien“ im rechten Seitenbereich zu füllen beginnt. Die fehlende Selbstbeschreibungsfähigkeit verursacht hier also überflüssigen Aufwand, der durch eine analoge Beschriftung der „Button-Eingabefeld-Kombinationen“ mit „Kategorien“ den Zusammenhang mit den rechts angezeigten Begriffen unmittelbar deutlich machen würde.

Ein weiteres Problem ist die nun bei der Eingabe fehlende Anzeige der bereits verwendeten Kategorie-Begriffe. Einerseits wird so der Nutzer gezwungen jeden Begriff immer wieder neu von Hand einzugeben – selbst dann, wenn er diesen Begriff bereits eingegeben hat. Er wird bei der Erledigung seiner Aufgabe also mehrfach zu denselben Eingaben aufgefordert – was einen VerstoĂź gegen die Aufgabenangemessenheit darstellt. Ebenfalls problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass der Nutzer sich bei der wiederholten Eingabe desselben Begriffs verschreiben kann (indem er z.B. anstatt „Hund“ den Begriff „Humd“ eingibt). Die nachträgliche Korrektur dieses Fehlers bereitet ebenfalls zusätzlichen, aber vermeidbaren Aufwand.

Das Beispiel aus „Xing“ dient hier lediglich als Beispiel für ein häufig zu beobachtendes Phänomen, das bei der Überarbeitung von Web-Seiten zu beobachten ist. Es gibt unzählige andere Fälle. Anscheinend wird bei der Überarbeitung in erster Linie darauf geachtet, das Produkt „schöner“ zu machen, die Usability dabei aber vergessen.

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