Benutzerorientierte Gestaltung interaktiver Systeme gemäß der Norm ISO 13407

18. März 2005

Die benutzerorientierte Gestaltung von Software verlangt eine Anpassung der Software an die Bedürfnisse des Benutzers. Damit ist die benutzerorientierte Gestaltung eine maßgebliche Voraussetzung für die Gebrauchstauglichkeit – also die Usability – einer Software. Leider wird häufig über die Belange des Benutzers erst zu einem sehr späten Zeitpunkt im Entwicklungsprozess einer Software nachgedacht. Wenn dann die Gebrauchstauglichkeit des fertigen Produktes überprüft wird, stellt sich oft heraus, dass die Software gravierende Usability-Mängel aufweist. Eine Verbesserung dieser Mängel ist zu diesem Zeitpunkt jedoch oft nur noch mit sehr großem Aufwand und damit verbundenen hohen Kosten möglich. Diese Kosten könnten dadurch vermieden werden, dass die Bedürfnisse des Benutzers schon von Beginn an -sprich entwicklungsbegleitend – in den Entwicklungsprozess eingebunden werden. So können Usabilty-Mängel und daraus resultierende Kosten von Beginn an vermieden werden. Hier soll eine Vorgehensweise vorgestellt werden, wie die Benutzer konsequent in den Entwicklungsprozess eingebunden werden können und wie von der ISO Norm 13407 gefordert.

Softwareentwicklung nach ISO 13407

Laut der Norm ISO 13407, „Benutzer-orientierte Gestaltung interaktiver Systeme“ soll die Gebrauchstauglichkeit von Software entwicklungsbegleitend durch einen iterativen Prozess sichergestellt werden. Ein iterativer Prozess zeichnet sich dadurch aus, dass die verschiedenen Stadien eines Prozesses immer wieder durchlaufen werden, um die Qualität der Ergebnisse sicherzustellen. Die Norm 13407 sieht vor, zunächst den Nutzungskontext zu analysieren. Aus der Nutzungskontextanalyse werden anschließend Anforderungen an die Software, sowie organisatorische Anforderungen abgeleitet. Anhand der erarbeiteten Anforderungen können dann Vorschläge für die Gestaltung der Software gemacht werden. Im letzten Schritt erfolgt eine Bewertung der Gestaltungsvorschläge. Diese Aktivitäten sollten während der Entwicklungsphase iterativ durchgeführt werden, um sicher zu gehen, dass das Endprodukt allen Anforderungen der Benutzer genügt.

Analyse des Nutzungskontextes

Um die zu entwickelnde Software auf den jeweiligen Nutzungskontext zuschneiden zu können, ist es wichtig, die spezifischen Merkmale der Benutzer, deren Arbeitsaufgaben, sowie die organisatorische und die physische Umgebung während ihrer Arbeit zu kennen. Diese Informationen können zum Beispiel durch Interviews mit Benutzern gewonnen werden. Die Ergebnisse der Nutzungskontextanalyse sollen zusammengefasst und von den Benutzern bestätigt werden. Die Beschreibung des Nutzungskontextes ist kein einmaliger Vorgang, der ein endgültiges Ergebnis liefert, sondern muss während des Entwicklungsprozesses immer wieder überprüft und aktualisiert werden, da sich der Nutzungskontext im Laufe der Entwicklung immer wieder verändern kann.

Festlegen von Benutzeranforderungen und organisatorischen Anforderungen

Aus den Informationen der Nutzungskontextanalyse, sollen Anforderungen abgeleitet werden. Dabei handelt sich um zweierlei Anforderungen, zum einen um Anforderungen der Benutzer an das System und zum anderen um organisatorische Anforderungen an die Rahmenbedingungen. Um realistische Anforderungen zu generieren, sollen finanzielle und funktionale Ziele, sowie die gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit, in die Betrachtung mit einbezogen werden. Auch die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen Benutzern und anderen Beteiligten, sowie die Aufgaben der Benutzer, spielen eine wichtige Rolle bei der Festlegung von Anforderungen.

Mit Hilfe der abgeleiteten Anforderungen sollen im Anschluss Ziele für die Entwicklung der Software festgelegt werden. Hierbei müssen Kompromisse zwischen den Anforderungen und den zur Verfügung stehenden technischen Mitteln geschlossen werden. Bei der Formulierung der Ziele sollte darauf geachtet werden, dass diese testbar sind. Die Erarbeitung von Anforderungen und Zielen muss umfassend dokumentiert werden.

Entwerfen von Gestaltungsvorschlägen

Unter Bezugnahme auf die Nutzungskontextanalyse und die Berücksichtigung des Standes der Technik werden nun Gestaltungsvorschläge erarbeitet. Die Vorschläge sollen dafür Sorge tragen, dass das System die Anforderungen erfüllt und die gesetzten Ziele erreicht. Dabei kann durchaus auf vorhandenes Wissen bezüglich der Mensch-Maschine-Kommunikation zurückgegriffen werden. Die Gestaltungsvorschläge können mit Hilfe von Simulationen und Prototypen verdeutlicht und greifbar gemacht werden. Anschließend werden die Gestaltungsvorschläge dem Benutzer vorgeführt. Rückmeldungen zu den Erfahrungen, welche die Benutzer mit dem Prototypen machen, werden verwendet, um Veränderungen vorzunehmen und um so die Gebrauchstauglichkeit weiter zu verbessern. Dieser Prozess wird wiederholt, bis die erarbeiteten Gestaltungsziele erfüllt sind. Alle Veränderungen sollen mit ihrer Begründung dokumentiert werden.

Beurteilung von Gestaltungslösungen gegenüber Anforderungen

Die Beurteilung von Gestaltungslösungen ist ein wichtiger Vorgang bei der Entwicklung eines Produktes und sollte in jeder Entwicklungsphase vorgenommen werden. Die Beurteilung kann zur Verbesserung der Gestaltungslösung verwendet werden. Sie kann dazu dienen, festzustellen, ob Benutzer- und Organisationsziele erreicht wurden und um die Langzeitnutzung der Software zu beobachten. Beurteilungen in frühen Stadien der Entwicklung sind ebenso wichtig wie Beurteilungen eines fertigen Produktes, da Veränderungen in frühen Entwicklungsphasen wesentlich kostengünstiger vorzunehmen sind, als in späteren Phasen.

Bei der Beurteilung der Gestaltungslösungen werden diese den erarbeiteten Anforderungen gegenübergestellt und es wird überprüft, ob die Gestaltungslösungen die Anforderungen erfüllen. Häufig werden auch internationale und nationale Normen zur Softwaregestaltung bei der Beurteilung hinzugezogen.

Schwierigkeiten bei der Umsetzung der ISO 13407

Das Problem dieser Norm ist, dass sie nicht beschreibt, wie ein Prozess genau aussehen muss, damit er der ISO 13407 entspricht. Einem Softwarehersteller oder -entwickler gibt diese Norm keinen Leitfaden an die Hand, nach dem er vorgehen kann, um den Kriterien der Norm zu entsprechen. Hinzu kommt, dass die in der Norm definierten Kriterien, relativ ungenau formuliert sind. Die Norm bietet demnach zwar ein grundsätzliches Vorgehensmodell, liefert jedoch keine konkreten Gestaltungsvorschläge für den Entwicklungsprozess.

Zur Lösung dieses Problems wurden verschiedene Vorgehensmodelle erarbeitet. Eine Möglichkeit, der Prüfung eines Softwareentwicklungsprozesses auf Konformität mit der ISO 13407 bietet der DATech Prüfbaustein Usability-Engineering-Prozess. Aus diesem Prüfbaustein lässt sich auch ein Vorgehen für die normkonforme Entwicklung von Softwareprodukten nach ISO 13407 ableiten.

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