Einfluss von Produkterwartungen auf die Usability-Bewertung

17. September 2011

Finnische Forscher bestätigen: Kaufen Sie ein brandneues Handy und haben aus der Werbung oder über andere Nutzerbewertungen nur Positives über das Gerät gehört, dann bewerten Sie die Gebrauchstauglichkeit dieses Mobiltelefons äußerst positiv und verzeihen Usability-Probleme. Erwartungen können somit die Produktwahrnehmung stark beeinflussen.

Aufbau der Studie

In ihrer Studie gaben die finnischen Forscher Raita und Oulasvirta Probanden positive, negative oder keine Vorinformationen zu einem neuen, ihnen unbekannten Mobiltelefon. Diese Bewertungen weckten entsprechende Erwartungen an das Gerät. Im Anschluss lösten die Probanden entweder eine schwierige oder leichte Aufgabe mit dem Gerät und gaben nach jeder Aufgabe eine (subjektive) aufgabenspezifische Usability-Bewertung ab. Am Ende der Studie bewerteten sie die (subjektive) systemspezifische Usability. Die objektive Usability-Messung setzte sich daraus zusammen, ob eine Aufgabe erfolgreich gelöst wurde oder nicht und der Länge der Bearbeitungszeit.

Forschungsfragen

Die Studie zielte darauf ab zu verstehen, welche Effekte Produkterwartungen in einem typischen Usability-Test haben.
In der Studie gingen die Wissenschaftler folgenden Fragen nach:
1. Beeinflussen die Erwartungen an ein Produkt die subjektiven Usabilitybewertungen?
2. Verändert sich der Effekt der Erwartungen auf die subjektive Usabilitybewertung von der erfolgreichen oder erfolglosen Bewältigung einer Aufgabe?
3. Beeinflusst die Produkterwartung sowohl die aufgabenspezifische Bewertung als auch systemspezifische Bewertungen?

Ergebnisse

1. Positive Erwartungen dem Produkt gegenüber zeigten starke Effekte: Probanden, die eine positive Erwartung dem Produkt gegenüber hatten, gaben unabhängig davon, ob eine Aufgabe schwer oder leicht zu lösen war, 74 Prozent höhere Usability-Bewertungen ab, als Probanden ohne und mit negativen Erwartungen.
2. Die Aufgabenschwere beeinflusst nicht die Auswirkungen der Produkterwartungen auf die subjektive Usability-Bewertung. Es zeigt sich nur, dass leichte Aufgaben schneller, erfolgreicher und mit weniger Arbeitsaufwand bewältigt wurden.
3. Erwartungen an das Produkt wirken sich signifikant auf die systemspezifische Bewertung aus, aber nicht auf die aufgabenspezifische Bewertung. Das bedeutet, dass positive Erwartungen die Usability-Bewertung des Systems erhöhen, aber keinen signifikanten Einfluss auf die aufgabenspezifische Bewertung haben.

Bedeutung der Ergebnisse für die Usability-Evaluation

In der Praxis muss darauf geachtet werden, dass bei Usability-Tests die Erwartungen des Experimentators den Nutzer weder vor noch während des Tests beeinflussen. Deshalb wird empfohlen, wie in der Experimentalpsychologie üblich, alles aufzuschreiben, was über das zu testende System gesagt wird. So wird vermieden, dass die Probanden unabhängig vom Test und Testleiter unterschiedliche Informationen bekommen.

Originaltitel: Too good to be bad: Favorable product expectations boost subjective usability ratings
Autor(en): Raita, E.; Oulasvirta, A.
Journal: Interacting with Computers
Ausgabe: 23 (2011)
Seiten: 363 – 371

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