Einführung in die ISO 9241-110

13. Februar 2008


Vom Umgang mit Menschen – Benimmregeln für interaktive Systeme nach ISO 9241-110

Die Zeiten, in denen wir ausschließlich mit lebendigen Wesen kommuniziert haben sind längst vorbei. Täglich befinden wir uns im regen Dialog mit hoch technischen Artefakten, wie zum Beispiel Computern, Handys oder Fahrkartenautomaten. Sie stellen uns Fragen, geben uns Antwortmöglichkeiten vor („Wollen Sie die Datei wirklich löschen? – Ja oder nein?“), sie irritieren und verärgern uns, wenn sie unerwartet reagieren und sie bringen uns zur Verzweiflung, wenn sie uns unsere Fehler nicht verzeihen und wir deswegen eine aufwendige Arbeit von neuem beginnen müssen. Kurz gesagt: Die meisten dieser Artefakte – anders gesagt „interaktiven Systeme“ – mit denen wir uns abgeben müssen haben leider keinen „Benimm“! Sie verhalten sich rüpelhaft und unberechenbar und reagieren oft unverständlich. Dabei existieren allgemeingültige Benimmregeln für interaktive Systeme, die in den Dialogprinzipien der ISO 9241-110 festgehalten sind. Gemäß dieser international anerkannten Norm müssten interaktive Systeme folgende Prinzipien im Umgang mit Menschen beachten:

ISO 9241-110: Die sieben Dialoggrundsätze für interaktive Systeme

• Aufgabenangemessenheit
Ein interaktives System muss seinen Benutzer dabei unterstützen, seine Aufgabenziele vollständig, korrekt und mit einem vertretbaren Aufwand und zur Arbeitsaufgabe passenden Dialogschritten zu erledigen. Dieser Grundsatz wird kurz als Aufgabenangemessenheit bezeichnet.

• Selbstbeschreibungsfähigkeit
Ein interaktives System muss so gestaltet sein, dass sein Benutzer jeder Zeit weiß, wo er sich im Dialog befindet, wie er da hingekommen ist und wie er von dort aus wieder weg kommt. Wobei „jeder Zeit“ wirklich wörtlich zu nehmen ist. Selbstbeschreibungsfähigkeit ist erst dann erreicht, wenn der Benutzer nicht erst über Tooltipps seine Handlungsmöglichkeiten (die sich gerne hinter undefinierbaren Icons verstecken) erfährt, sondern diese auch mit den „Händen hinterm Rücken“ erkennt.

• Erwartungskonformität
Ein interaktives System ist erwartungskonform, wenn es die Sprache und die „Arbeitsgebräuche“ der Benutzer im Dialog berücksichtigt. Die Erwartungskonformität kann oft schon durch die Einhaltung von Konventionen und einer konsistenten Systemgestaltung erheblich verbessert werden.

• Fehlertoleranz
Ein interaktives System muss seinem Benutzer gegenüber Fehlertoleranz beweisen. Dies bedeutet, dass es ihn einerseits vor Fehlern bewahrt – etwa durch klar verständliche Sicherheitsabfragen -, den Benutzer aber im Fehlerfall konstruktiv dabei unterstützt, den gemachten Fehler ohne großen Aufwand zu beheben.

• Steuerbarkeit
Ein interaktives System muss sich von seinem Benutzer steuern lassen. Bietet ein Interaktives System zum Beispiel eine „Undo-Funktion“ bei einem Textverarbeitungsprogramm ist dies im Sinne der Steuerbarkeit.

• Individualisierbarkeit
Ein interaktives System muss sich an die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse seines Benutzers bei der Erledigung seiner Aufgaben anpassen lassen. Die Möglichkeit zur Vergrößerung der Schrift ist ein gängiges Beispiel für diesen Grundsatz der Individualisierbarkeit.

• Lernförderlichkeit
Ein interaktives System sollte den Benutzer beim Erlernen des Umgangs mit ihm unterstützen und anleiten. Ein Beispiel für diesen Grundsatz der Lernförderlichkeit ist sicherlich in der Bereitstellung einer „Guided Tour“ zu sehen.

Jeder dieser Dialoggrundsätze wird ausführlich in den weiteren Artikeln der Rubrik „ISO 9241-110 – Dialogknigge“ erläutert.

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