Emotionen – Usability – Kommunikation

14. Juni 2011

Haben Sie sich schon mal gefragt, wie Sie in Ihrer sozialen Umwelt mit einer monotonen anstelle einer melodischen (prosodischen) Stimme wahrgenommen werden würden? Oder, wie verhält es sich, wenn Sie einen Witz reißen wollen – mit monotoner Stimme? Wie Sie sehen, gibt es eine ganze Reihe von – für die meisten von uns banalen – Dingen, wo unsere Stimmmelodie immens wichtig ist.

Nun gibt es Menschen, die sich gar nicht oder nur kaum lautsprachlich verständigen können. Diese Gruppe von „UnterstĂĽtzt Kommunizierenden“ benutzt zur Verständigung sogenannte Kommunikationshilfen – hierbei gibt es low-tech und high-tech Hilfen. Low-tech Hilfen sind beispielsweise Kommunikationstafeln, bei denen der Kommunizierende mittels seinem Finger oder einem Zeigestab auf eine Kombination von Symbolen zeigt und der Zuhörer quasi durch Verfolgung dieser Symbole das Gesagte versteht. Oder sie benutzen sogenannte Talker (britisch: Voice Output Communication Aid) – Sprachausgabegeräte – die high-tech Variante:
Auch hier gibt die unterstützt kommunizierende Person ihre Äußerung über ein Touch-Display, Pointer oder mittels Eye-Tracking durch eine Kombination von Symbolen in das Gerät ein, welches die Äußerung dann mit einer größtenteils synthetischen Stimme vertont.

Neben einer Reihe von hard- und software-ergonomischen Usability-Defiziten kommt hierbei auch die monotone Sprachausgabe als problematisch zu tragen!

In verschiedenen Studien wurde schon wiederkehrend gezeigt, dass wir in unsere alltägliche Kommunikation fortlaufend Prosodie mit einfließen lassen, um unsere Emotionen (Gefühle) unterschwellig unserem Gegenüber mitzuteilen: Stellen Sie sich mal einen sonnigen Frühlingstag vor, die Vögel zwitschern und Sie gehen mit einer/m Freund/in spazieren und sagen: “Wie herrlich, was für ein schöner Tag, was?“ Diese Äußerung würde an einem regnerischen Tag nicht nur inhaltlich, sondern auch von der Prosodie her anders klingen. Lassen Sie mich noch anmerken, dass wir erst durch diese Form der emotionalen Artikulation in der Lage sind, uns emotional zu entwickeln (Blackstone & Wilkins, 2009). Diese emotionale Entwicklung beeinflusst wiederum unser Erscheinen in unserer sozialen Umwelt und nicht nur das, es hat auch Einfluss auf unsere schulische und berufliche Laufbahn. In einem Satz:

Es hängt ein ganzer Rattenschwanz an der Möglichkeit sich melodisch-emotional zu äußern!

Hinsichtlich UnterstĂĽtzt Kommunizierender ist es nunmehr wichtig, durch eine Kombination von Methoden des Usability-Engineerings, der Psychologie und der Computerlinguistik herauszufinden, wie diesem Personenkreis eine prosodische Stimme mittels Talker gegeben werden kann. Zwar lassen sich GefĂĽhle auch ĂĽber Gestik und Mimik vermitteln, doch gerade solch eine prosodische Sprachausgabe wĂĽrde die ‚Satisfaction‘ – die Zufriedenheit (s. DIN 9241-11) – erheblich steigern. Wir erwarten positive Auswirkungen auf die Kommunikationsdauer, denn die Prosodie wirkt anregend und hat somit auch einen entscheidenden Einfluss auf die Unterhaltung an sich. Die Lebendigkeit und Authentizität eines Gesprächs wird ja durch die Stimmmodulation beträchtlich gehoben – man verspĂĽrt einfach mehr Lust, sich mit dem GegenĂĽber ausgiebiger zu unterhalten.

Wir sind begeistert, diese innovativen Ideen und Modellierungen mit voranzutreiben!

Sarah W. Blackstone & David P. Wilkins (2009). Exploring the Importance of Emotional Competence in Children With Complex Communication Needs. In: Perspectives on Augmentative and Alternative Communication, 18, 78-87.

ISO 9241-11 (1998), Ergonomic requirements for office work with visual display terminals (VDTs) – Part 11: Guidance on usability.

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