Senioren, nur Kaffeefahrten im Internet?

19. August 2013

Auf vielen Plattformen werden Senioren als die neue Internetgeneration der „Silver Surfer“ entdeckt und beworben. Die „Best Ager“ hätten mehr Zeit, genügend Mittel und seien weniger mobil. Ist das nur ein Klischee oder hat sich eine lukrative Zielgruppe aufgetan? Erreichen auf Senioren zugeschnittene Dienste oder speziell an Ältere adressierte Angebote wirklich die auserwählten Empfänger? Ist ein Internet Shop, der Stützstrümpfe und Rollatoren in allen Farben und Größen anbietet, schon ein Geheimtipp für Senioren? Wer oder was sind eigentlich diese „Älteren Mitbürger“? Gibt es einen Stereotyp für Senioren im Internet oder können verschiedene Kategorien ausgemacht werden? Versuchen wir mal diesen Fragen auf den Grund zu gehen und ältere Mitbürger als Internetnutzer zu identifizieren.

Ein falsches Bild

In der Presse, Funk, Fernsehen und Internet wird überwiegend das Bild der „klassischen“ Senioren beschworen. Eine kleine, technologieferne Fraktion der „vor dem Internet“-Generation. Sie nutzen noch das Telefon mit Wählscheibe und der Apparat gehört ja sowieso der Post. Als Paradigma dient hier die Enkelin, die dem Opi das Internet erklärt. Diese klassischen Internet-Senioren sollen vorwiegend an gesundheitlichen und sozialen Aspekten interessiert sein, das Internet als Informationsquelle oder höchstens zum Zeitvertrieb nutzen. Mit diesem Stereotyp wird man den umtriebigen Best Agern wohl nicht gerecht. Doch was passiert mit fortschreitendem Alter?

Der Mensch wird älter

Rein physiologisch betrachtet erreicht der Mensch so um das zwanzigste Lebensjahr das Optimum seiner Leistungsfähigkeit. Mit zunehmendem Alter lässt nicht nur die körperliche Leistung allmählich nach, sondern auch die Sinneswahrnehmungen werden langsam schwächer. Spätestens wenn einem beim Lesen „der Arm zu kurz wird“, ist die erste Lesebrille fällig. Doch ist man jetzt schon alt? Nein, sicher nicht! Denn die Lebenserfahrung, Bildung und Auffassungsgabe wächst individuell bis ins hohe Alter.

Für die Weisheit gibt es keine natürliche Grenze.

Die Silver Surfer

Seit kurzem bezeichnet man ältere Mitbürger, die das Internet aus eigenem Antrieb und Interesse nutzen, als Silver Surfer. Ob Smartphone, Laptop oder der PC zu Hause, sie sind mit diesen Technologien gut vertraut. Sie kommunizieren mit E-Mails und SMS, benutzen das Internet zur Reisebuchung, Weiterbildung, Buchbestellung, Recherche und vielem anderen mehr. Sie können durch aufgerufene Inhalte oder anhand ihres Verhaltens im Internet nur schwer, wenn überhaupt, identifiziert werden. Weder der privat surfende Opi, der sich für schulische Belange seiner Enkel interessiert, noch die Enkel, die für ihre Omi ein Seniorenhandy mit großen Ziffern und Tasten suchen, können ihrer Altersgruppe richtig zugeordnet werden.

Der Silver Surfer unterscheidet sich im Internet kaum von jüngeren Privatnutzern.

Die Silver Jobber

In den Industrieländern wird die Situation der Rentner laufend umgestaltet. Innerhalb weniger Jahre wurde und wird das Renteneintrittsalter stufenweise angehoben. Nach sechzig und fünfundsechzig sind jetzt siebenundsechzig Jahre angepeilt und auch die Siebzig ist schon im Gespräch. In diesem Tempo können die Arbeitnehmer weder jünger noch gesünder werden. Es entsteht eine wachsende Gruppe von älteren Berufstätigen, die „Silver Jobber“. Sie meistern ihren Berufsalltag zwar mit altersbedingten Beeinträchtigungen, aber viele nutzen das Internet in der gleichen Weise wie ihre jüngeren Arbeitskollegen.

Auch Silver Jobber können im Internet schwerlich identifiziert werden.

Senioren im Internet

Fazit: Ältere Mitbürger bilden im Internet eine heterogene Gruppe. Sie können als Senioren nur schwer, wenn überhaupt, identifiziert werden. Diese neue, zügig wachsende Fraktion der Silver Surfer und Silver Jobber wird beim Design von Internetportalen noch gänzlich übersehen. Es geht nicht um Angebote für Senioren, die sind reichlich vorhanden, sondern um Unterstützung beim Nutzen dieser Angebote.

Abhilfe: Senioren als neues Designparadigma? Nein! Barrierefreiheit von Anfang an. Schon beim Design einer neuen Internetpräsenz und beim Überarbeiten jeder Webseite, dann sind auch Best Ager zufrieden. Denn, die bunteste Werbung nützt wenig, wenn sie keiner wahrnimmt.

Siehe auch:
http://www.einfach-barrierefrei.net/ (30.07.2013)
http://www.fit-fuer-usability.de/archiv/generation-50plus-usability-probleme/ (30.07.2013)
http://at.e-fundresearch.com/newscenter/21-henderson-global-investors/artikel/20317-senioren-entdecken-vorteile-der-neuen-technologien-fuer-sich (30.07.2013)
http://www.nngroup.com/reports/senior-citizens-on-the-web/ (30.07.2013)

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