Einführung in die ISO 9241-10

Vom Umgang mit Menschen – Benimmregeln für interaktive Systeme nach ISO 9241-10


Die Zeiten, in denen wir ausschließlich mit lebendigen Wesen kommuniziert haben sind längst vorbei. Täglich befinden wir uns im regen Dialog mit hoch technischen Artefakten, wie zum Beispiel Computern, Handys oder Fahrkartenautomaten. Sie stellen uns Fragen, geben uns Antwortmöglichkeiten vor („Wollen Sie die Datei wirklich löschen? – Ja oder nein?“), sie irritieren und verärgern uns, wenn sie unerwartet reagieren und sie bringen uns zur Verzweiflung, wenn sie uns unsere Fehler nicht verzeihen und wir deswegen eine aufwendige Arbeit von neuem beginnen müssen. Kurz gesagt: Die meisten dieser Artefakte – anders gesagt „interaktiven Systeme“ – mit denen wir uns abgeben müssen haben leider keinen „Benimm“! Sie verhalten sich rüpelhaft und unberechenbar und reagieren oft unverständlich. Dabei existieren allgemeingültige Benimmregeln für interaktive Systeme, die in den Dialogprinzipien der ISO 9241-10 festgehalten sind. Gemäß dieser international anerkannten Norm müssten interaktive Systeme folgende Prinzipien im Umgang mit Menschen beachten:

ISO 9241-10: Die sieben Dialoggrundsätze für interaktive Systeme

  • Aufgabenangemessenheit
    Ein interaktives System muss seinen Benutzer dabei unterstützen, seine Aufgabenziele vollständig, korrekt und mit einem vertretbaren Aufwand zu erledigen. Dieser Grundsatz wird kurz als Aufgabenangemessenheit bezeichnet.
  • Selbstbeschreibungsfähigkeit
    Ein interaktives System muss so gestaltet sein, dass sein Benutzer jede Rückmeldung unmittelbar oder auf Anfrage nachvollziehen kann. Unverständliche oder fehlende Rückmeldungen sind Verstöße gegen die Selbstbeschreibungsfähigkeit.
  • Erwartungskonformität
    Ein interaktives System sollte einheitlich gestaltet sein und den Merkmalen seines Benutzers entsprechen. Darunter fallen zum Beispiel die Kenntnisse des Benutzers aus dem Arbeitsgebiet, aus seiner Ausbildung und seiner Erfahrung, sowie aus allgemein anerkannten Konventionen. Ein System, das so gestaltet ist, entspricht dem Grundsatz der Erwartungskonformität.
  • Fehlertoleranz
    Ein interaktives System muss seinem Benutzer gegenüber Fehlertoleranz beweisen. Dies bedeutet, dass es ihn einerseits vor Fehlern bewahrt – etwa durch klar verständliche Sicherheitsabfragen -, den Benutzer aber im Fehlerfall konstruktiv dabei unterstützt, den gemachten Fehler ohne großen Aufwand zu beheben.
  • Steuerbarkeit
    Ein interaktives System muss sich von seinem Benutzer steuern lassen. Bietet ein Interaktives System zum Beispiel eine „Undo-Funktion“ ist dies im Sinne der Steuerbarkeit.
  • Individualisierbarkeit
    Ein interaktives System muss sich auf die Eigenarten und Vorlieben seines Benutzers und dessen Aufgabenstellungen einlassen. Die Möglichkeit zur Vergrößerung der Schrift ist ein gängiges Beispiel für diesen Grundsatz der Individualisierbarkeit.
  • Lernförderlichkeit
    Ein interaktives System sollte den Benutzer beim Erlernen des Umgangs mit ihm unterstützen und anleiten. Ein Beispiel für diesen Grundsatz der Lernförderlichkeit ist sicherlich in der Bereitstellung einer „Guided Tour“ zu sehen.

Jeder dieser Dialoggrundsätze wird ausführlich in den weiteren Artikeln der Rubrik „ISO 9241 – Dialogknigge“ erläutert.